Regretting motherhood

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Regretting motherhood (deutsch: „Bedauern der Mutterschaft“) ist der Titel einer 2015 veröffentlichten Studie der israelischen Soziologin Orna Donath. Die Autorin bezeichnet mit diesem Begriff Mütter, die es anhaltend bereuen, Mutter geworden zu sein, und die Rolle als Mutter negativ erleben.

Ergebnisse der Studie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Donath befragte Frauen in Israel aus sehr unterschiedlichen sozialen Schichten und religiösen Hintergründen, die meisten sind verheiratet, einige geschieden. Für ihre Studie wählte die Soziologin nur Frauen aus, die auf die folgende Frage mit einem klaren Nein antworteten: „Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, mit Ihrem heutigen Wissen und Ihrer Erfahrung, würden Sie dann nochmal Mutter werden?“

Alle befragten Frauen teilen nach eigenen Angaben das ausgeprägte Gefühl, in ihrer Rolle als Mutter gefangen zu sein. Die Frauen gaben an, dass sie ihre Kinder liebten, es aber gleichzeitig hassten, Mütter zu sein. Einige der Frauen sagten aus, dass sie die Mutterschaft bereits in der Schwangerschaft bereut hätten, das Empfinden der Reue wird von ihnen insofern nicht auf die Entwicklung der Kindespersönlichkeit zurückgeführt.

Die Studie im Kontext der wissenschaftlichen Forschung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Andere Studien bestätigen, dass das Ausbleiben von Glücksgefühlen nach einer Entbindung nichts Ungewöhnliches ist: 10 bis 20 Prozent aller Wöchnerinnen leiden unter postpartalen Stimmungskrisen, einige von ihnen sogar an Depressionen. Diese Missstimmungen sind allerdings zumeist nicht so nachhaltig wie die Reuegefühle, von denen Donath berichtet.

W. Keith Campbell und Jean Twenge entdeckten bereits 2003 bei der Auswertung von 97 Studien zum Thema Elternschaft die folgende Entwicklung: Wer Kinder bekommt, sei in den ersten Jahren durchschnittlich unglücklicher als Kinderlose. In der Grundschulzeit gebe es ein kurzes Hoch, das zur Pubertät wieder absinke. Erst wenn die Kinder aus dem Haus seien, seien Eltern glücklicher als Gleichaltrige ohne Nachwuchs.[1]

Diese Beobachtung machten auch Forscher des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung in einer Studie, der die Daten von 200.000 Erwachsenen aus 86 Staaten zugrunde lagen. Ab dem Alter von 40 Jahren bedeuten demnach Kinder mehr Lebensglück. Je mehr Kinder jemand habe, desto höher sei das Glücksempfinden, allerdings erst dann, wenn sie nicht mehr kleine Kinder haben. Ein durchschnittlich höheres „Glückslevel“ als bei lebenslang Kinderlosen sei bei Eltern von vier und mehr Kindern allerdings nicht festzustellen, auch nicht in fortgeschrittenem Alter.[2] Eine Studie, für die die gleichen Autoren mehr als 2000 deutsche Teilnehmer befragten, kam zu folgenden Resultaten: Nach der Geburt des ersten Kindes erlebten 70 % der Eltern eine Verringerung ihrer Lebensqualität, bei mehr als einem Drittel der Eltern stürzte der auf einer Skala von 0 (völlig unzufrieden) bis 10 (völlig zufrieden) ermittelte Wert um 2 oder mehr Punkte ab, stärker als das im Durchschnitt bei Schicksalsschlägen wie dem Tod des Partners ermittelt wird.[3]

Rezeption der Studie in der Öffentlichkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Donaths Studie „Regretting Motherhood“ erhielt besonders in Deutschland viel Aufmerksamkeit und löste eine lebhaft geführte Debatte aus, vor allem unter dem Twitter-Channelnamen „#regrettingmotherhood“.[4] An Frauen wird gesellschaftlich eine Rollenerwartung gerichtet. Frauen, die ihre Mutterschaft bereuen, werden als kaltherzig wahrgenommen.[5]

Ihren Roman Mädchen für alles bezeichnet die Autorin Charlotte Roche ausdrücklich als Verarbeitung der Studie "Regretting Motherhood".[6]

Der Tectum Verlag bewirbt das im Herbst 2015 erschienene Sachbuch „Mütterterror. Angst, Neid und Aggressionen unter Müttern“ von Christina Mundlos mit den Worten: Zu den Hintergründen von „Regretting Motherhood“: »Die Autorin über die fatale Wahl zwischen Rabenmutter und Superglucke: Schluss mit dem schlechten Gewissen!« (EMMA).[7]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. W. Keith Campbell / Jean Twenge: Parenthood and Marital Satisfaction: A Meta-Analytic Review. Journal of Marriage and Family. Bd. 65 (August 2003) S. 574–583
  2. Mikko Myrskylä: Elternschaft: Langzeitinvestition ins Glück. Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung. 7. März 2011; Originalpublikation: R. Margolis und M. Myrskylä, A global perspective on happiness and fertility, in: Population and Development Review, Jg. 37.2011, S. 29–56 (Abstract)
  3. Thilo Neumann, Nach dem ersten Kind haben viele Eltern genug, FAZ online, 13. August 2015; Macht das erste Kind unglücklich, gibt es seltener Geschwister, Der Standard online, 5. August 2015; Susanne Baller, Elternwerden macht unglücklicher als der Tod des Partners, stern.de, 14. August 2015; Originalpublikation: R. Margolis und M. Myrskylä, Parental well-being surrounding first birth as a determinant of further parity progression, in: Demography, Jg. 52.2015, S. 1147–1166 (Abstract)
  4. Debatte um #Regrettingmotherhood „Rückblickend hätte ich auf Kinder verzichtet“ - Darf eine Mutter so was sagen?. focus.de. 6. Mai 2015
  5. Violetta Hagen: In der Mutterrolle gefangen. Stuttgarter Zeitung. 23. April 2015
  6. „Mädchen für alles“ von Charlotte Roche – Neuer Roman mit neuem Tabuthema. Stern.de. 5. Oktober 2015
  7. Tectum Verlag: Tectum Sachbuch Herbst 2015